In kleinen Schritten zu einem neuen Leben in Deutschland
Die Ukrainische Familie Zheynov fühlt sich in Schollbrunn wohl und gut betreut
In kleinen Schritten zu einem neuen Leben in Deutschland
Ukrainische Familie Zheynov fühlt sich in Schollbrunn wohl / Arbeit finden ist das große Ziel
„Robota, robota“ – das Wort spielt im Gespräch mit Vasyl Zheynov eine ganz große Rolle. Robota heißt Arbeit, und arbeiten möchte der Ukrainer unbedingt. Der Einstieg ist jetzt gemacht: Vasyl Zheynov hat einen Minijob beim Roten Kreuz in Mosbach übernommen. Mehr geht im Moment nicht, denn als Geflüchteter muss der 44-Jährige vor allem und vorrangig einen Deutschkurs besuchen. Dieser Kurs hat im November ebenfalls begonnen.
Damit ist wieder ein Schritt gemacht, der die Familie Zheynov zurückführt in ein halbwegs normales Leben – weit ab von der Heimat, einem Ort in der Nähe von Odessa. Der Krieg riss Diana Zheynova und Tochter Veronika im Februar aus dem ruhigen Alltag, in dem die Mutter ihrem Beruf als Sozialarbeiterin nachging und die heute Elfjährige ein Gymnasium und nebenbei eine Kunstschule besuchte. Ehemann Vasyl war als Bootsmann und Kolonnenführer in internationalen Gewässern unterwegs. „Wir hatten ein stabiles, friedliches Leben, planten für die Zukunft und genossen die Gegenwart“, beschreibt Diana Zheynova ihre Familiensituation vor dem 24. Februar 2022 in einem Gespräch, das auf Russisch geführt wird und von Florian Küchler, Integrationsmanager beim DRK-Kreisverband Mosbach, übersetzt wird.
Nach Kriegsbeginn schlief sie tagelang so gut wie gar nicht, ihre Tochter Veronika blieb in den Kleidern, um bei Alarm schnell genug in den Keller zu kommen. Nach einer angsterfüllten Woche packten die beiden die Koffer und brachen zu Fuß auf in Richtung zur Grenze nach Moldawien. Von dort aus ging es in einer zweitägigen Busreise quer durch Europa nach Adelsheim, wo die Familie Bekannte hatte. „Wir dachten ja, in einigen Tagen können wir wieder nach Hause“, berichtet Diana Zheynova.
Doch bald war klar, so schnell geht das nicht. Eine Wohnung musste gefunden werden. Das Landratsamt in Mosbach vermittelte den Kontakt zu den Eheleuten Kölsch in Schollbrunn, die für die Unterbringung von Geflüchteten eine kleine zwei-Zimmer-Wohnung im eigenen Haus angeboten hatten – ein glücklicher Zufall, finden heute alle Beteiligten.
Inzwischen hat sich Tochter Veronika gut eingelebt, hat Freunde, besucht das Eberbacher Hohenstaufen-Gymnasium und hat neben der Kunst auch ein weiteres Hobby gefunden: Sie kickt bei der JSG Neckar-Odenwald mit, auch Papa Vasyl hat Anschluss an eine Freizeitfußballer-Gruppe in Neckargerach gefunden. Auch Diana Zheynova möchte möglichst bald wieder arbeiten - am liebsten in ihrem erlernten Beruf. Auf die Frage, ob sie eine Chance sehen, bald nach Hause zurückzukehren, schütteln die Eltern entschieden und traurig den Kopf. Die Familie richtet sich auf ein Leben in Deutschland ein. Geschwister und Eltern bleiben in der Ukraine – keine leichte Situation.
Seit dem Sommer ist auch Vasyl Zheynov in Schollbrunn. Sein Arbeitsvertrag auf See lief aus, nun möchte er lieber so arbeiten, dass er mehr Zeit in der Nähe der Familie verbringen kann. Deshalb plant er, nach dem Deutschkurs auf Fernfahrer umzuschulen, auch um Hilfstransporte in die Ukraine fahren zu können. Grundsätzlich kann ihm alles gar nicht schnell genug gehen, denn die Zheynovs möchten niemandem auf der Tasche liegen, wie er sagt.
Auf Vermittlung von Florian Küchler unterstützte der Familienvater deshalb ehrenamtlich eine DRK-Blutspendeaktion und half auch schon mal bei einem Altkleidertransport aus. Mitte Oktober kam die frohe Botschaft, dass er als geringfügig Beschäftigter bei DRK-Kreisverband angestellt werden kann.
Mit viele kleinen alltäglichen Gesprächen und Gängen half das Ehepaar Kölsch der jungen Familie. Auch Florian Küchler unterstützte ehrenamtlich bei den zahlreichen nötigen Behördenterminen. Für die nötige Bürokratie haben die Zheynovs dennoch Verständnis. Gefragt, was sie in Deutschland am meisten erstaunte, sagt Diana Zheynova schmunzelnd: „Die Mülltrennung“. Überrascht sind beide auch über die Tatsache, dass sie so viel Post bekommen. In der Ukraine lief vieles eher „online“.
Voll Dankbarkeit sind die Zheynovs für die Mühen von Elke und Volker Kölsch, die nicht nur ihre Einliegerwohnung zur Verfügung stellten, sondern die kleine Familie auch zu Festen in Waldbrunn oder zur Begegnungsstätte „Café Cultura“ mitnahmen. Man tauscht Kochrezepte und geht zusammen zum Fußballplatz. Das Ehepaar beschaffte ein Fahrrad, damit Diana Zheynova zum Nachbarort gelangen konnte, um einkaufen zu gehen, der pensionierte Pädagoge Volker Kölsch gibt „Privatunterricht“ in Deutsch. Vasyl Zheynov mäht dafür den Rasen und bietet Hilfe bei kleinen Reparaturen im Haus an. Die Dankbarkeit der ukrainischen Familie ist groß. Darin schließt Diana Zheynova Florian Küchler ein - und ausdrücklich „ganz Deutschland“.